UGHW: Gegen Fernweh hilft Heimweh cover art

UGHW: Gegen Fernweh hilft Heimweh

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Am 5. Juli 1841 war es endlich so weit: Der britische Baptistenprediger und Freizeitvisionär Thomas Cook organisierte die erste Pauschalreise der Welt. Ziel: Loughborough – immerhin 16 Kilometer vom Ausgangspunkt Leicester entfernt. Die Mitreisenden waren Mitglieder der Temperenzler-Bewegung, also Menschen, die Alkohol für Teufelszeug hielten. Cook dachte sich: „Wenn schon kein Gin, dann wenigstens Blaskapelle und alkoholfreier Tee.“ Und zack – das Rundum-sorglos-Paket war geboren. Später eröffnete Cook das erste Reisebüro und bot sogar Weltreisen an. Auch in Deutschland wollte eine Nische gefunden werden. Der clevere Herr Rominger eröffnete 1842 in Stuttgart das erste deutsche Reisebüro. Im Angebot: One-Way-Tickets nach Amerika – Rückfahrt unerwünscht, denn die Kundschaft wollte auswandern. Bezahlt wurde nicht nur mit Geld, sondern auch mit Ziegen, Kühen oder ganzen Weingärten. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging’s dann richtig los: Erst Italien, dann Spanien, Türkei und die ganze Welt. Von Wegen „Ich war noch niemals in New York“!. Der Düsenjet machte Reisen dann so billig, dass man sich plötzlich auch als Normalsterblicher zwischen Olivenhainen und Sangria-Eimern wiederfand. Mallorca wurde erst zur „Putzfraueninsel“, dann zum 17. Bundesland. Doch die Reiselust hat Nebenwirkungen: Overtourism. Städte wie Dubrovnik, Santorini oder Venedig reagieren inzwischen mit Eintrittsgeldern, Besucherlimits und dem gelegentlichen Einsatz von Wasserwerfern gegen Selfie-Sticks. Dabei könnten sie sich in Sachen Duldsamkeit eine Scheibe von Hallstatt abschneiden – dem österreichischen Idyll mit 750 Einwohnern und über 1 Million Touristen jährlich. Das sind 1.300 Besucher pro Hallstädter Kopf. Da wird’s eng in der heimischen Stube. Rein statistisch. Aber es gibt Hoffnung: In Luoyangzhen, China, wurde Hallstatt einfach eins zu eins nachgebaut – inklusive Bergsee. Ein voller Erfolg. Anfragen für den Nachbau von Ludwigshafen, Bitterfeld und Neumünster sollen angeblich laufen. Chinesen sind leidensfähig. Inzwischen ist ja sogar Island überlaufen! Stundenlang stehen Touristen Schlange, um endlich ihr Instapic von Einsamkeit und unberührter Natur absetzen zu können. Das nervt. Daher suchen immer mehr Menschen im Urlaub die Abgeschiedenheit. Willkommen beim Trend: Solo Travelling - Selbstfindung und Selbstbestimmung. Allerdings muss man dann bei der Wahl der Destination Abstriche machen oder sehr lange fahren. Egal, Hauptsache weit weg. Denn das Schlimmste, was Deutschen im Ausland passieren kann, ist andere Deutsche zu treffen. Einfach mal ein fröhliches „Moin“ rüber rufen. Das macht die fix und fertig! Apropos echte Einsamkeit. Die gibt es am Point Nemo mitten im Pazifik. Dieser sogenannte Pol der Unzugänglichkeit liegt am weitesten aller Orte auf diesem Erdenrund von anderen Landmassen entfernt. Bei ihrem gelegentlichen Überflug sind die ISS-Besatzungen die nächsten Menschen. Pole der Unzugänglichkeit werden übrigens mit dem geometrischen Begriff des Euklidischen Abstands berechnet. Reines Klugscheißerwissen. Auch Deutschland hat einen solchen Pol: Bergen in der Lüneburger Heide. Ganze 6,2 Kilometer sind es bis zur nächsten menschlichen Behausung. Weiter geht nicht. Warum Deutschlands Spitzenreiter sich nicht – wie man vermuten könnte – in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg befindet, sondern in Niedersachsen, hat einen guten Grund. Er liegt mitten auf einem Truppenübungsplatz. Und da will man ja nun wirklich nicht von anderen Leuten getroffen werden. Dies – und vieles mehr – in der 28. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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