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UGHW: Was willst Du?

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Bei der richtigen Beantwortung dieser zumindest im Satzbau recht einfachen Frage kommt es extrem auf das Gegenüber und die Situation an. Dem/der Geliebten ins Ohr gesäuselt kann z. B. „Ein kaltes Bier“ oder auch „Dass du mich für immer liebst“ als sehr adäquat und sogar beziehungsfestigend angesehen werden. Gegenüber einer einem völlig unbekannten Kleingruppe junger, offensichtlich alkoholisierter Männer mit sichtbar getragenen Signets des rivalisierenden Fußballanbieters nach einer überraschend deutlichen Niederlage sind die beiden obigen Aussagen eventuell nicht zielführend. Im schlimmsten Fall können sie sogar als Provokation aufgefasst werden. Unangenehm. Sich dann auf das Provokationsrecht der zweiten römischen Republik zu berufen, zeugt von einem gewissen Geschichtsverständnis. Es trägt aber wohl dennoch nicht zur wünschenswerten Entspannung bei und ist – der Fachmann weiß dies nur zu gut – auch inhaltlich vollkommen falsch! Denn das Provokationsrecht ist bekanntlich das Recht eines jeden Bürgers, das Volk um Beistand anzurufen (provocare = herbeirufen, aufrufen), wenn Leib und Leben durch die Gewalt staatlicher Magistrate bedroht sind. Allerdings nur in einer Diktatur. Diese Herrschaftsform zeichnete sich durch eine konzentrierte Machtfülle auf eine Person aus, dauerte maximal sechs Monate und diente dem Schutz der Republik. Der inzwischen etwas aus der Mode gekommene Staatstheoretiker Niccolò Machiavelli bezeichnete die Diktatur sogar als wichtiges Mittel zur Verteidigung der Freiheit. Viele derer, die wir heute verschiedentlich als Diktatoren bezeichnen, wären mit der Zuschreibung als Verteidiger der Freiheit und Beschützer der Republik wohl sehr einverstanden. Und derzeit haben wir recht viele Herrschaften, deren Eigenwahrnehmung hierzu passt. Doch wie so oft stimmen Eigen- und Fremdwahrnehmung nicht immer überein. Sicher ist, dass der Titel „Diktator“ nur ganz selten auf der Visitenkarte steht. Viel lieber nennt man sich Präsident, Generalissimo oder Staatsratsvorsitzender. Kann aber alles bedeuten. Stutzig werden sollte man jedoch bei „Großer Vorsitzender“, „Bruder Nr. 1“, „König der Könige“ oder „Leuchtende Pfand der Zukunft“. Das klingt dann irgendwie nicht mehr nach Amtsverzicht am Ende der Legislaturperiode. Wie dem auch sei. Bei Staats- und Regierungschefs entscheidet die Geschichte, ob sie als Vater der Nation oder grausame Tyrannen in Erinnerung bleiben. Dabei galt lange Zeit der Grundsatz: „Wer schreibt, bleibt.“ So konnte Ramses II. sein knappes Unentschieden gegen die Hethiter via Wandrelief in einen großen Sieg umdeuten. Aber wer, der nicht dabei war, wird schon etwas gegen das in Stein gemeißelte „Auge, Schlange, Wolke, Zickzacklinie, Mann, Sonne“ sagen wollen. Caesar hat mit dem Verfassen des Bellum Gallicum die historische Deutung seines ausgedehnten Angriffskrieges gleich selbst geschrieben. Auch so etwas dürfte bei digitaler Aufzeichnungs- und Übertragungstechnik heute etwas schwerer fallen. Und ob nach Napoleon nach einer intensiven Berichterstattung über den Russlandfeldzug im Jahr 2025 immer noch ein Sekt oder ein Grill benannt würde, ist fraglich. Selbstverständlich ist für den Nachruhm ein eingängiger Name nicht ganz unwichtig. Napoleon und Caesar sind schon nicht schlecht. Aber wer wird je unvoreingenommen die Regierungszeit von Katharina der Großen oder August dem Starken bewerten können. Augusts Vorfahre Albrecht der Gebissene hat es da schon etwas schwerer. Und auch der erste karolingische König Pippin der Kleine hat gegenüber seinem Sohn Karl dem Großen imagetechnisch erhebliche Nachteile. Apropos eingängiger Name. Llanfairpwllgwyngyll ist sicher keiner. Eine walisische Ortschaft heißt tatsächlich so. Das Ortsschild ist instagrammable. Mehr in dem Ort aber nicht. Sicher ist, dass die Waliser damit auch nicht jedem hippen Trend wie NY, LA, Stuggi oder P-Berg hinterherlaufen. Und in Llanfairpwllgwyngyll essen sie natürlich auch nicht Pudding mit der Gabel. Warum auch?
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