UGHW: Das Ende ist nah! cover art

UGHW: Das Ende ist nah!

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Der Urlaub hat uns verändert. Wir sind gelassener geworden, tragen jetzt viel Leinen und haben diese coole Lederkette mit der bunt bemalten Muschel um den Hals hängen. Sieht man unter dem Businesshemd zum Glück nicht. Nur am Casual Friday. Wir sagen jetzt Dinge wie „Ich versuche, achtsam zu essen“ und „Ich habe gelernt, loszulassen“. Und wir haben uns vorgenommen, nicht mehr so viele Termine und To-dos zu haben. Das haben wir uns vorsichtshalber als Reminder ins Outlook geschrieben – mit täglicher Deadline. Doch kaum hat man den letzten Sonnenbrand mit Aloe Vera versiegelt, steht Weihnachten vor der Tür. In etwa 100 Tagen ist es so weit. Das heißt: Zwei Drittel des Jahres sind gelebt. Der Winter streckt seine kalten, nassen, windigen Finger nach uns aus. Langsam. Einen nach dem anderen. Als erster, brutaler Vorbote kommen die Lebkuchen in die Regale. Warum nur? Warum?! Man könnte zum militanten Dominosteine-Schmeisser werden. An Munition mangelt es ja nicht. Aber gut – der Markt regelt das. Irgendjemand wird das schon essen wollen. Oder aber die Ankunft der Jahresend-Leckereien ist einzig dafür da, dass man empörte Posts absetzen kann. Dann rennen wir in den Supermarkt und kaufen Sangria-Tetrapacks. Aus Protest! Das ist umgekehrte Psychologie. Der Einzelhandel arbeitet mit allen Tricks. Aber warum gibt es Adventskalender im Oktober? Fast jedes Produkt hat ein Ablaufdatum. Danach soll man es nicht mehr bedenkenlos essen können. Nur Adventskalender haben einen festen Verzehrbeginn. DAVOR kann man sie nicht bedenkenlos essen. Alles diesseits des 1. Dezember reißt ein Loch ins Raum-Zeit-Kontinuum. Und ja, wir stehen vor der grausamen Dreifaltigkeit des Feierns. Den Anfang macht das Oktoberfest. Billige süddeutsche Landhausmode von Ruhrgebiet bis Waterkant. Der Gewerbeverein lädt zum 4. Traditionellen Mindener Oktoberfest! Das haut rein. Derart geschwächt erwartet einen Halloween. Nachlässig verkleidete Kinder betteln unter Androhung von Umgemacht um Zuckerzeug für sich selbst. Sie sagen auch nichts auf oder bieten etwas dar. Noch nicht einmal in Reel-Länge. Halloween verhält sich zu den Sternsingern wie Wario zu Mario. Eigentlich dient das Fest dem Vertreiben böser Geister. Dabei erscheinen diese kleinen Nervensägen doch nur zu genau diesem Anlass. Ein gruseliges perpetuum mobile. Das Zwischentief „Karnevalsbeginn“ ist zum Glück ein regionales Phänomen. Dem kann man entkommen. Und dann geht es schon bald auf den Weihnachtsmarkt. Entschuldigung – zum Wintermarkt. Heißer Rotwein, über Tage den Alkohol rausgekocht, dafür Gewürzmischung, Zucker und Kopfschmerz rein. Da das alles auch aus dem Tetrapack kommt, finden die Restanten des sommerlichen Sangria hier ihre späte Verwendung. Und das vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums. Die Jahresuhr der Getränkeindustrie. Apropos Rotwein: 1913 schrieb Hermann Hesse in sein Tagebuch über seinen Aufenthalt im fernen Kandy/Sri Lanka: „Seit einigen Tagen lebe ich von Rotwein und Opium, und mein Darm muß eine rasende Lebenskraft oder einen verzweifelten Todesmut besitzen, daß er trotz allem noch nicht Ruhe gibt.“ Je nach individueller Tagesgestaltung klingt das nach Urlaub, Oktoberfest oder Weihnachtsmarkt. Dies – und vieles mehr – in der 29. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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