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# 56 Wieviel Körpernähe ist gesund?

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Körperliche Nähe ist ein menschliches Grundbedürfnis. Dennoch fragen wir uns – besonders in der westlichen Welt – immer wieder: Wie viel Nähe ist gesund? Was bedeutet Verwöhnen? Wo beginnt gesunde, wo überfordernde Körpernähe? Spätestens während der Coronapandemie, in der Körperkontakt plötzlich als Gefahr galt, wurde deutlich, wie sehr uns Berührung fehlt. Zugleich zeigen zahlreiche Studien klar, dass körperliche Nähe weitreichende Auswirkungen auf unsere soziale, kognitive, emotionale und körperliche Entwicklung hat.Schon Babys und kleine Kinder senden deutliche Signale, wenn sie Körperkontakt wünschen. Besonders in den ersten drei Lebensjahren ist dieses Bedürfnis stark ausgeprägt. Mit zunehmendem Alter wird Nähe nicht weniger wichtig, aber sie braucht bewusster gestaltete Momente.Körpernähe ist dann gesund, wenn beide Beteiligten sich dabei wohlfühlen. Wir spüren sehr schnell, wenn Zuwendung nur halbherzig geschieht. Deshalb ist es wichtig, gut auf das eigene Körpersystem zu hören. Das Bild einer Ampel kann dabei helfen: Sind wir auf Grün? Passt es gerade für uns? Manchmal braucht es eine Phase der Annäherung, bevor echter Körperkontakt möglich ist – besonders wenn Kinder gerade starke Gefühle ausdrücken: Wut, Traurigkeit, Anspannung. Manche schlagen, beißen, drücken weg oder „zwirbeln“ mit den Fingern in die Haut der Bezugsperson. Dahinter steht meist ein Zeichen von innerer Not.Wichtig ist, in solchen Momenten präsent zu bleiben und gleichzeitig die eigenen körperlichen Grenzen zu schützen. Schmerz durch einen Schlag oder Biss ist real. Die erste Reaktion ist oft Flucht oder Abwehr – das ist normal. Entscheidend ist, den Schmerz klar zu benennen und danach wieder ein authentisches Angebot für Nähe zu machen, damit man gemeinsam in ein wohliges Miteinander finden kann. Dieser Prozess dient dem Spannungsabbau des Kindes – gut für das Kind, aber manchmal herausfordernd für den Körper der Bezugsperson.Was aber, wenn es den Eltern selbst zu viel wird? Viele geraten unter Druck durch den „Muttermythos“: Ich muss das alles leisten, besonders beim Stillen und Tragen. Doch es ist ein Geschenk, wenn Kinder ein Netzwerk an vertrauten Menschen oder auch Tieren haben, bei denen sie sich geborgen fühlen. Kinder spüren deutlich, wer gerade im „grünen Bereich“ ist. Gleichzeitig lernen sie an unserem Modell, wie wichtig es ist, eigene Grenzen zu achten. Wenn ein Kind jedoch ständig erlebt, dass die Bezugsperson über ihre Grenzen geht, übernimmt es dieses Verhalten später oft selbst.Es braucht immer wieder eine achtsame Abstimmung – denn jeder Tag ist anders. Wenn wir uns erlauben, für unsere Bedürfnisse einzustehen, finden wir auch immer wieder neu in eine gemeinsame Balance. Genau das stärkt Bindung.Mit zunehmendem Alter kann Körpernähe in vielfältiger Form gelebt werden: über Körperpflege, spielerische Momente, Sport oder gemeinsame Aktivitäten. Körperkontakt bleibt ein lebenslanges Bedürfnis – von der Wiege bis zur Bahre. Denn über Berührung findet eine wesentliche Form unserer Kommunikation statt.
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